Musikalische Früherziehung – oder nur noch La-Le-Lu?

Laufen bei uns Zuhause nur noch Kinderlieder, sobald unser Baby da ist? Ein Thema, womit ich eigentlich nicht sonderlich Probleme gehabt hätte, trieb meinem Mann Sorgenfalten auf die Stirn.

Dazu muss man wissen, dass wir beide sehr musikbegeistert sind. War Andi in seinem Leben schon auf derart vielen Konzerten, dass es für ihn unmöglich wäre, auf Anhieb eine Zahl zu nennen, konnte ich früher Stunden auf der Jagd nach neuer Musik verstreichen lassen – je unbekannter, desto besser! Aus unserer gemeinsamen Begeisterung ergaben sich schon während unseres Studiums heiß ausgefochtene DJ-Duelle, wer auf einer Party besser den Nerv der anwesenden Feiergemeinde treffen würde. Auf die Lieblingslieder ab sofort zu verzichten? Für die Hälfte von uns unvorstellbar!

Vielleicht wird Papas Gitarre ja irgendwann von Henry öfter gespielt als von seinem Papa.

Als Henry da war, spielten wir im Wohnzimmer erst mal nur sehr ruhige Songs – und diese auch nur ganz leise. War die Auswahl zuerst eher willkürlich, stellten wir bald auf hauptsächlich deutschsprachige Lieder um, da wir uns dachten, dass es für Henry wahrscheinlich besser wäre, wenn er anfangs nur mit seiner künftigen Muttersprache konfrontiert wird. Je älter er wurde, desto experimentierfreudiger wurde vor allem Andi. Man sollte Kindern ja in den ersten Lebensjahren alle möglichen Arten von Musik zugänglich machen – geradezu eine Einladung für ihn, neben Pop, Rock und Klassik auch seine Lieblingsplatten rauszukramen … (Dazu muss man wissen, dass Andis Musikgeschmack teilweise schon ins Extreme gehen kann.)

Bald darauf konnte er aber einen der wahrscheinlich stolzesten Momente seiner noch kurzen Vaterschaft verbuchen, als Henry selig zu dem Geschredder einer Metalcore-Band in seiner Hängeschaukel schlummerte – selbstverständlich nicht bei voller, sondern bei niedriger Zimmerlautstärke. Dass er mit dem Krach schon umgehen kann, muss wohl daran liegen, dass Andi mich während meiner Schwangerschaft auf mehrere Konzerte seiner Lieblingsbands geschleift hatte. Das würde ich so heute wahrscheinlich auch nicht mehr machen.

Auf jeden Fall kam Henry ja schon im Mutterleib mit viel Musik in Berührung. Denn während meiner Schwangerschaft hörte ich sehr viel Entspannungsmusik. Allein die Geburtsaffirmation und Entspannungsübung meiner Hypno-Birthing-CD hörte er ja schon jeden Abend mit. Außerdem hatte ich mir eine Gitarre gekauft und übte die ersten Songs ein, die ich meinem kleine Schatz später am Babybett vorspielen wollte. Und auch Andi hat seine alte E-Gitarre wieder rausgekramt und sich ein Songbook gekauft, mit Songs, die er lernen wollte. Für ein Baby ist die Gitarre ja auch ohne Verstärker laut genug.

Vorm Schlafengehen kommt die Ente zum Einsatz – und darf mit „La-le-lu“ aufspielen.

Mittlerweile läuft tagsüber die Musik, auf die wir Lust haben – die Metal-Vinyls von Papa kommen trotzdem nur selten auf den Plattenteller. Beim Wickeln oder der Babymassage brauche ich keine Musik, da genieße ich die Gespräche mit meinem Sohn auch ohne Musik. Andi spielt Henry hingegen immer gerne ein paar Lieder vor, wenn er Windeln wechselt. Beim allabendlichen Zubettgehritual kommt die Spieluhr (von uns liebevoll nur Ente genannt), die Henry von seinem Patenonkel geschenkt bekommen hat, zum Einsatz und die spielt die Melodie – wer hätte das gedacht – „La-Le-Lu“. Also sitzen Mama und Papa ums Babybett und trällern das altbekannte Lied, wie es bereits Heinz Rühmann tat. Aber wir haben auch unsere Songs, wenn Henry mal nicht gut drauf sein sollte. Andi hatte ihn zu Anfang mit Pink Floyds „Wish you where here“ in den Schlaf gesungen, war aber bald zum Summen der Filmmelodie von Winnetou übergegangen, während ich Mantras bevorzuge. Wenn Henry richtig schlecht drauf ist oder ihn irgendein Schmerz plagt ist unsere absolute Geheimwaffe allerdings „Ein Kompliment“ von Sportfreunde Stiller. Das funktioniert immer!

Wie ihr seht, haben wir also kein striktes Programm, was unser Sohn zu hören bekommt. Wir bemerken nur, dass es ihn immer freut, wenn man den Takt eines Liedes im Rhythmus mitmacht – egal, ob mit Händen oder Füßen. Eine spezielle Songbox für Kinder haben wir uns bisher allerdings noch nicht geholt. Und auch Mamas und Papas Gitarren kommen nicht wirklich zum Einsatz. Was ich allerdings als Tipp geben kann, ist, dass Vorsingen so gut wie immer hilft. Denn Kinder mögen Mamas und Papas Stimme einfach am liebsten. Da ist es auch nicht schlimm, wenn der ein oder andere Ton nicht passt – ihr solltet mal Henrys Papa singen hören! Sucht euch einfach Lieder aus, die ihr selbst gerne hört und trällert drauf los. Man kann ja von mongolischem Kehlkopfgesang bis zu Elekro-Beats alles mal ausprobieren. Vielleicht ist ja sogar auch die ein oder andere Entdeckung für einen selber dabei. Die Kinderlieder bekommt ihr spätestens dann noch zu hören, wenn die Kids sie aus der Kita oder dem Kindergarten mit heim bringen. Bis dahin singen noch die Eltern – zumindest so lange ihr größter Fan noch keine Kritik äußern kann.

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