Fernreise mit Baby – Henry goes Singapur

„Geht nochmal auf Reisen und lasst es euch gut gehen, bevor euer Kind auf die Welt kommt.“ – „Es wird vielleicht vorerst der letzte Trip sein.“

So oder so ähnlich hatte ich die Ratschläge so oft in Schwangerschaftsratgebern gelesen und dachte mir jedes Mal: Warum eigentlich nicht mehr danach?!

Nun war Henry ja auch schon ein paar Monate alt und die Reiselust hatte mich noch nicht verlassen – obwohl wir bereits einen Ausflug mit einer einmaligen Hotelübernachtung unternommen hatten. Eine Reise, die in einem Desaster geendet hatte: Henry hatte die ganze Nacht kein Auge zugetan und wir mussten am nächsten Tag völlig übernächtigt die Rückreise antreten, wobei aus den eigentlich zwei Stunden Autofahrt fünf wurden, da Henry immer wieder im Auto schrie, als würde er auf glühenden Kohlen sitzen. Zuhause war die Reiselust dann erstmal nicht mehr präsent. Aber wie die Schmerzen einer Geburt verdrängt der Mensch unangenehme Erlebnisse ja recht schnell.

Ich wollte also wieder verreisen, aber nicht mehr mit dem Auto. Es würde also auf eine Zug- oder Flugreise hinauslaufen. In erster Linie trieb mich aber der Gedanke um, wie es wohl vor Ort sein sollte. Ich wollte einfach Sicherheit. Und wo fühlt man sich am wohlsten, wenn nicht bei der Familie? Da kam ich auf den Gedanken, dass wir ja nach Singapur reisen könnten.

Mein Bruder war vor ein paar Jahren beruflich dorthin gezogen. Und da er nunmal auch Henrys Patenonkel ist, den der Kleine nicht so oft zu Gesicht bekommt, wäre das doch eine ganz nette Destination. Immerhin würde diese Reise auch ein paar Vorteile mit sich bringen.

  1. Fliegen ist ja bekanntlich die sicherste Art zu reisen, bei der wir uns auf nichts konzentrieren müssten.
  2. Vor Ort würde uns ein komplett eingerichtetes Apartment mit ortskundigem Guide in Person meines Bruders erwarten – und das alles zum Nulltarif.
  3. Singapur zählt mit Tokio zu den sichersten Städten der Welt mit hervorragender Gesundheitsversorgung und Infrastruktur.
  4. Das Wetter dort ist extrem planbar, da es nahezu jeden Tag im Jahr um die 30 Grad und hohe Luftfeuchtigkeit hat – gegen mittag regnet es oft kurz.
  5. Wir müssten nur die Flüge und die Verpflegung vor Ort bezahlen.
  6. Da wir meinen Bruder zuvor schon einmal besucht hatten, wussten wir in etwa, was uns in Singapur erwarten würde.

Nachdem ich also mich selbst von der Genialität meiner Idee überzeugt hatte, blieb noch Andi. Spaß beiseite. Es war keine einfache Entscheidung, weder für ihn noch für mich. Zwölf Stunden in einem Flugzeug ohne Chance mal rechts ran zu fahren und auszusteigen – und wenn Henry die komplette Zeit weinen würde, hätten wir ein paar hundert Fluggäste, die uns hassten. Aber nach viel Kopfzerbrechen, abwägen und Mangel an überzeugenden Alternativen, wollten wir den Schritt wagen. Und so fanden wir uns bald am Flughafen mit den Tickets in der Hand wieder.

Der Hinflug war für Henry zuerst super aufregend – und dann hat er geschlafen. Ja, er schlief fast den kompletten Flug durch und wir fühlten uns wie die Könige der Welt und starteten mit einem wahnsinnigen Hochgefühl in den Urlaub, denn am Flughafen wartete schon mein Bruder, um uns zu ihm nach Hause zu bringen, wo er alles kindgerecht eingerichtet hatte – extra für sein Patenkind.

Beim Anblick des weltberühmten Marina Bay Sands funkeln nicht nur Henrys Augen. Einen Infinity Pool gibt’s allerdings auch beim Onkel daheim.

Die ersten Tage schien alles perfekt, da Henry sich pudelwohl fühlte. Er war noch auf seinen Rhythmus von Zuhause eingestellt und anstatt ihn umzustellen, nutzten wir die Gunst der Stunde, um abends länger wach zu sein und morgens länger liegen zu bleiben. Der Wohnkomplex, in dem mein Bruder wohnte, hatte sogar einen Pool, wo wir mit Henry schwimmen gehen konnten. Also hatten wir sogar ein bisschen Hotelfeeling. Henry war super drauf und genoss sichtlich die Zeit mit seinem Patenonkel, der sich voller Hingabe um seinen kleinen Schützling kümmerte.

Wir unternahmen allerdings keine großen Aktivitäten, da wir mit Henry nicht zu lange in der Hitze unterwegs sein wollten. Für die Klimaanlagen in Geschäften, Restaurants und Taxis hatten wir immer ein Deckchen oder einen Schal für ihn dabei. Sein Essen, das wir aus Deutschland mitgebracht hatten, kochten wir mit Gemüse aus dem Supermarkt bei meinem Bruder vor. Alles war soweit in Butter.

Je näher wir allerdings dem Ende unseres Urlaubs kamen, desto mehr stellte Henry seinen Rhythmus um – und so kam es, wie es kommen musste. An unserem letzten Abend stellte Henry seine innere Uhr auf Singapur, schlief sehr lange und war nach zwei Stunden Flug wieder wach. Dazu kam, dass neben uns im Flugzeug auch eine Familie mit ihrem Baby reiste. Und fing eines der Kinder an zu weinen, weckte es natürlich das andere auf. Und so wechselten sich die beiden mit kleineren Weinanfällen ab. Andi und ich waren also die meiste Zeit auf den Beinen, um Henry wieder zu beruhigen.

Schlussendlich fällt unser Fazit also sehr gemischt aus – mit der simplen Erkenntnis: Eine Flugreise mit Kind ist durchaus möglich, muss aber auch nicht unbedingt sein. Die Erfahrung muss jeder selbst machen, wenn er denn möchte. Wir sind auf jeden Fall froh, diese Erfahrung gemacht zu haben – und noch glücklicher, als wir Henry wieder in sein eigenes Babybettchen in seiner kleinen Wohlfühlumgebung legen konnten.

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